Die Wichtigsten Fragen Zum revidierten Aktienrecht geklärt

Enzo Schrembs

Enzo Schrembs

Jul 1, 2024

Seit 01. Januar 2023 gilt in der Schweiz das revidierte Aktienrecht. Wir haben für Sie die häufigsten Fragen beantwortet und zusammengefasst.

Die häufigsten Fragen zum revidierten Aktienrecht

Übersicht: Inkrafttreten, Handlungsbedarf, Gestaltungsmöglichkeiten

  1. Welche Gesetze wurden per 1. Januar 2023 in Bezug auf das revidierte Aktienrecht geändert?
    Das revidierte Aktienrecht führte zur Revision des Obligationenrechts (OR), die Änderungen für Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften brachte. Diese Revision beeinflusste auch andere Gesetze wie das Zivilgesetzbuch (ZGB), Fusionsgesetz (FusG), Zivilprozessordnung (ZPO), Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), Strafgesetzbuch (StGB), Steuergesetzgebung und weitere.

  2. Ab wann gelten die Änderungen des revidierten Aktienrechts?
    Das revidierte Aktienrecht ist seit dem 1. Januar 2023 in Kraft. Einige der revidierten Artikel sind bereits auf den

    1. Januar 2021 in Kraft getreten. Darunter findet sich u. a. die Einführung einer Geschlechterquote für Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung (Art. 734f OR) und striktere Transparenzregeln für Rohstoffunternehmen (Art. 964a bis Art. 964f OR). Die Bestimmungen des OR sind ab diesem Datum auf bestehende Gesellschaften anwendbar. Es gibt Übergangsfristen für die Anpassung von Statuten und anderen gesellschaftsrechtlichen Dokumenten.
      Wie sind die Übergangsfristen genau?
  3. Was muss unmittelbar getan werden?
    Seit dem 1. Januar 2023 müssen die neuen Bestimmungen beachtet werden. Es besteht jedoch kein sofortiger Handlungsbedarf, da die Statuten und Reglemente noch zwei Jahre gültig sind. Es ist genügend Zeit vorhanden, um die Dokumente anzupassen.

  4. Was muss hinsichtlich der nächsten ordentlichen Generalversammlung beachtet werden?
    Soll die Generalversammlung 2023 virtuell durchgeführt werden, müssen die Statuten entsprechend angepasst werden. Beschlüsse können schriftlich oder elektronisch gefasst werden. Es wird empfohlen, die Statutenanpassung vorzuschlagen und neue Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen.

  5. Welche neuen aktienrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen?
    Das revidierte Aktienrecht ermöglicht flexiblere Regelungen, darunter:

    • Aktienkapital in Fremdwährung
    • Mindestnennwert von Aktien
    • Keine zweite Zuweisung bei Dividendenausschüttungen
    • Zulässigkeit der Zwischendividende
    • Flexible Erhöhungen und Herabsetzungen des Aktienkapitals
    • Schriftliche oder elektronische Beschlussfassung der Generalversammlung
    • Hybride, virtuelle und im Ausland abgehaltene Generalversammlungen

Gesellschaftsrechtliche Dokumente (Statuten, Organisationsreglement etc.)

  1. Müssen die Statuten und das Organisationsreglement an das revidierte Aktienrecht angepasst werden?
    Ja, innerhalb von zwei Jahren müssen die Statuten und Reglemente angepasst werden. Andernfalls treten nicht konforme Bestimmungen ab dem 1. Januar 2025 ausser Kraft. Eine zeitnahe Anpassung wird empfohlen.

  2. Müssen die Statuten einer Aktiengesellschaft, die eine Konzerntochtergesellschaft ist, überhaupt an das revidierte Aktienrecht angepasst werden?
    Obwohl nicht zwingend, ist eine Anpassung empfehlenswert, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und die Statuten als Handbuch für gesellschaftsrechtliche Vorgänge zu nutzen.

  3. Wie ist die Anpassung der Statuten umzusetzen?
    Die Anpassung erfordert einen öffentlich beurkundeten Beschluss der Generalversammlung. Materielle und formelle Änderungen sollten klar voneinander getrennt und entsprechend abgestimmt werden.

  4. Welche anderen gesellschaftsrechtlichen Dokumente sollten angepasst werden?
    Neben den Statuten und dem Organisationsreglement sollten auch Reglemente der Verwaltungsratsausschüsse, Verhaltenskodizes, Protokollvorlagen und Einladungen zur Generalversammlung überprüft und angepasst werden.

Aktienkapital und Ausschüttungen

  1. Was muss beachtet werden, wenn die Währung des Aktienkapitals geändert werden soll?
    Das Aktienkapital kann in bestimmten ausländischen Währungen geführt werden (Euro, englische Pfund und US-Dollars), wobei Buchführung und Rechnungslegung in derselben Währung erfolgen müssen. Der Wechsel der Währung muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

  2. Die Gesellschaft hat bedingtes Kapital. Kann dieses weiterhin genutzt werden?
    Ja, bedingtes Kapital, das vor dem 1. Januar 2023 beschlossen wurde, kann weiterhin verwendet werden. Änderungen sind nur im Rahmen des revidierten Aktienrechts zulässig.

  3. Die Gesellschaft möchte ein genehmigtes Kapital einführen. Geht das?
    Nein, seit dem 1. Januar 2023 kann kein genehmigtes Kapital mehr eingeführt werden. Stattdessen gibt es das Kapitalband, das flexiblere Erhöhungen und Herabsetzungen des Kapitals ermöglicht.

  4. Die Gesellschaft hat genehmigtes Kapital. Kann dieses weiterhin genutzt werden?
    Ja, genehmigtes Kapital, das vor dem 1. Januar 2023 eingeführt wurde, darf bis zum Ablauf der Frist genutzt werden. Eine Anpassung oder Verlängerung ist nicht möglich.

  5. Wie funktioniert das Kapitalband in den Grundzügen?
    Der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft wird durch die Errichtung eines solchen Kapitalbandes dazu ermächtigt, innerhalb eines im Voraus festgesetzten Höchst- und Tiefstwerts (=Kapitalband) das Aktienkapital frei zu verwalten und damit in seinem Ermessen zu erhöhen oder zu senken. Dieser Höchst- und Tiefstwert muss statutarisch festgehalten werden. Weiter ist die Dauer des Kapitalbandes auf 5 Jahre beschränkt, wobei einer Erneuerung durch einen Beschluss der Generalversammlung nichts entgegensteht.

  6. Kann die Gesellschaft eine Zwischendividende ausschütten?
    Ja, die Generalversammlung kann eine Zwischendividende basierend auf einem Zwischenabschluss beschliessen. Eine Statutengrundlage ist dafür nicht erforderlich.

  7. Muss bei der Dividendenausschüttung eine zweite Zuweisung erfolgen?
    Nein, seit dem 1. Januar 2023 muss nur noch 5% des Jahresgewinns der gesetzlichen Gewinnreserve zugewiesen werden. Eine zweite Zuweisung ist nicht mehr erforderlich.

  8. Was ändert sich hinsichtlich der Verbuchung und Ausschüttung von Kapitalreserven?
    Kapitalreserven werden in gesetzliche und freiwillige Gewinnreserven unterschieden. Verluste müssen mit den verfügbaren Reserven verrechnet werden, bevor sie auf die neue Jahresrechnung vorgetragen werden können.

Generalversammlung

  1. Wie kann neu eine Generalversammlung abgehalten werden?
    Eine Generalversammlung kann neu physisch, hybrid, virtuell oder im Ausland abgehalten werden. Es müssen die Aktionärsrechte gewahrt und gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.

  2. Was muss der Verwaltungsrat bei der Einberufung in Bezug auf die Verhandlungsgegenstände beachten?
    Der Verwaltungsrat muss sicherstellen, dass alle notwendigen Informationen für die Beschlussfassung vorliegen und die Einheit der Materie gewahrt bleibt.

  3. Wann kann die Generalversammlung Beschlüsse auf schriftlichem oder elektronischem Weg fassen?
    Beschlüsse können schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn kein Aktionär eine mündliche Beratung verlangt. Es ist keine statutarische Grundlage erforderlich.

  4. Wie funktioniert die Beschlussfassung der Generalversammlung auf schriftlichem Weg auf Papier oder in elektronischer Form praktisch?
    Das Verfahren sollte in den Statuten klar geregelt sein. Unterschieden wird zwischen Zirkularbeschluss und Urabstimmung, wobei das Verfahren jeweils angepasst werden muss.

  5. Was muss beachtet werden, wenn die Gesellschaft eine Generalversammlung im Ausland durchführt?
    Eine Statutengrundlage ist erforderlich, ebenso die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters. Steuerliche Konsequenzen sollten geprüft werden.

  6. Was muss beachtet werden, wenn die Gesellschaft eine virtuelle Generalversammlung durchführt?
    Eine Statutengrundlage ist notwendig, und der Verwaltungsrat muss die Verwendung elektronischer Mittel regeln. Die Identität der Teilnehmer muss sichergestellt und technische Probleme vermieden werden.

  7. Was muss beachtet werden, wenn die Gesellschaft eine hybride Generalversammlung durchführt?
    Die hybriden Versammlungen erfordern die gleichen Regelungen wie virtuelle Versammlungen. Der Verwaltungsrat muss die Nutzung elektronischer Mittel sicherstellen.

  8. Wie muss vorgegangen werden, wenn es während einer virtuellen oder hybriden Generalversammlung zu technischen Problemen kommt?
    Technische Probleme müssen umgehend behoben werden, und die Generalversammlung sollte fortgesetzt oder wiederholt werden. Ein IT-Experte sollte zur Unterstützung bereitstehen.

  9. Kann der Vorsitzende der Generalversammlung über den Stichentscheid verfügen?
    Ja, die Statuten können vorsehen, dass der Vorsitzende bei Stimmengleichheit den Stichentscheid hat.

  10. Können notariell zu beurkundende Beschlüsse der Generalversammlung auch auf schriftlichem, elektronischem oder hybridem Weg gefasst werden?
    Ja

  11. Können notariell zu beurkundende Beschlüsse der Generalversammlung auch auf schriftlichem, elektronischem oder hybridem Weg gefasst werden?
    Ja, sofern das kantonale Beurkundungsrecht keine Einschränkungen vorsieht. Das Beurkundungsverfahren sollte vorab mit dem zuständigen Notar abgestimmt werden.

Verwaltungsratspflichten

  1. Welche Änderungen gelten hinsichtlich der Pflichten des Verwaltungsrates?
    Seit dem 1. Januar 2023 müssen Verwaltungsratsmitglieder Interessenkonflikte unverzüglich und vollständig mitteilen. Zudem muss der Verwaltungsrat die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft laufend überwachen.

  2. Was muss in Bezug auf Interessenkonflikte beachtet werden?
    Es besteht eine Informationspflicht für Interessenkonflikte. Der Verwaltungsrat sollte Massnahmen zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft ergreifen und eine allgemeine Ordnung für den Umgang mit Interessenkonflikten einführen.

  3. Wie muss der Verwaltungsrat bei Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorgehen?
    Der Verwaltungsrat muss Massnahmen zur Sicherstellung der Liquidität ergreifen:

  4. Wie muss der Verwaltungsrat bei Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorgehen?
    Wenn die Gesellschaft Gefahr läuft, zahlungsunfähig zu werden, muss der Verwaltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Liquidität ergreifen:

    • Liquiditätssicherstellende Massnahmen: z.B. Erstellung eines Liquiditätsplans, Verkauf von Vermögenswerten, Optimierung des Debitorenmanagements, Ausgabestopp.
    • Sanierungsmassnahmen: z.B. Rangrücktrittserklärungen, Neubewertung von Grundstücken und Beteiligungen; wenn diese Massnahmen in den Zuständigkeitsbereich der Generalversammlung fallen, muss diese darüber entscheiden (z.B. Kapitalerhöhung).
    • Gerichtliche Massnahmen: Antrag auf (vorläufige) Nachlassstundung.
  5. **Muss der Verwaltungsrat umgehend eine Generalversammlung einberufen, damit diese die Sanierungsmassnahmen absegnet? **
    Nein. Der Verwaltungsrat muss zunächst die dringendsten Massnahmen zur Sicherstellung der Liquidität ergreifen. Wenn der Verwaltungsrat Sanierungsmassnahmen zur Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder eines Kapitalverlustes umsetzen möchte, die in die Zuständigkeit der Generalversammlung fallen, kann er diese bei der Generalversammlung zur Abstimmung stellen.

Weitere nützliche Quellen

Fazit

Gesetzesanpassungen wie beim Schweizer Aktienrecht sorgen dafür, dass Verträge, Dokumente und Statuten laufend angepasst werden müssen, um eine Rechtssicherheit zu gewährleisten.
RETO unterstützt Sie dabei, Ihre Statuten und rechtlichen Unterlagen im Zusammenhang mit Aktiengesellschaften stets auf dem aktuellen Stand und jederzeit verfügbar zu machen. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

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Bitte beachte, dass der Inhalt möglicherweise mit Hilfe von KI generiert wurde. Die redaktionellen Inhalte von Reto stellen keine Anlageberatung, Kaufempfehlung oder Rechtsberatung dar.

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